Internationale Presse zur Bundestagswahl

Kommt Rot-Rot-Grün, befürchtet auch das Ausland ein „Festival an Steuererhöhungen“
Samstag, 25.09.2021 | 15:52
Annalena Baerbock und Olaf Scholz
Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/

Das Merkel-Vakuum in Europa, mögliche Regierungsbündnisse, Armin Laschet und Olaf Scholz: Über all diese Themen und Personalien grübelt auch die Presse im Ausland. Kurz vor der Bundestagswahl fällt so manches Medium ein hartes Urteil über Rot-Rot-Grün.

Nach wochenlangem Wahlkampf ist es soweit: Am Sonntag wählt Deutschland einen neuen Bundestag. Nicht nur die Presse hierzulande beschäftigt sich mit dem politischen Großereignis, auch das Ausland blickt gespannt auf die Bundestagswahl. Während manche Medien ein potenzielles rot-rot-grünen Regierungsbündnis als „Worst-Case-Szenario“ betiteln, befürchten andere einen neuen Kanzler, der „weniger Erfahrung und Format“ als Angela Merkel (CDU) hat.

Rot-Rot-Grün als „wahres Festival an Steuererhöhungen“

Die „Neue Zürcher Zeitung“ lässt kein gutes Haar an einer möglichen Koalition aus Grünen, SPD und Linkspartei. In der Samstagsausgabe wählen die Autoren vernichtende Worte für das potenzielle Regierungsbündnis: 

„Das Worst-Case-Szenario, man kann es nicht freundlicher formulieren, wäre ein rot-grün-dunkelrotes Bündnis aus SPD, Grünen und Linkspartei. Sollte es für ein solches Trio reichen, dann wird der Druck der Basis aus allen drei Parteien gewaltig sein, die „historische Chance“ auf einen grundlegenden Politikwechsel nicht verstreichen zu lassen. Die Republik würde in der Folge ein wahres Festival an Steuererhöhungen, planwirtschaftlicher Regulierung und autoritärer Gesellschaftspolitik erleben, mit großzügigen Zuwendungen an staatsnahe linke Vereine und Gruppierungen und Kampfansagen an alle, die unter liberaler oder konservativer Flagge segeln.“

„Koalition wird aus Parteien bestehen, die sich gegenseitig neutralisieren“

Auch die niederländische Zeitung „de Volkskrant“ wartet am Samstag mit einem kritischen Urteil auf. Deutschland müsse sich nach der Ära Merkel politisch neu ausrichten - ob das passieren wird, zweifelt das Blatt jedoch an. Und auch neue Regierungskonstellationen betrachten die Jouranlisten von „de Vokskrant“ mit großer Skepsis:

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„Merkels Politik war in der Welt nach dem Fall der Mauer verwurzelt. Einer Welt, die nicht mehr existiert. Eine neue Ära erfordert jedoch eine neue Ausrichtung. Für ein Deutschland, das mehr in seine Infrastruktur und in seine Menschen investiert. Ein Land, das sich weniger von Handelsinteressen als vielmehr von der Notwendigkeit europäischer geopolitischer Autonomie in einer immer unsicherer werdenden Welt leiten lässt.

Ob Deutschland nach Merkel mit dem 'Merkelismus' brechen wird, ist sehr fraglich. Der Wahlkampf stand nicht im Zeichen großer Veränderungen. Wahrscheinlich wird die nächste Koalition aus sehr unterschiedlichen Parteien bestehen, die sich gegenseitig neutralisieren. In diesem Fall wird Deutschland weiterhin eine Politik à la Merkel betreiben, aber mit einem Kanzler, der weniger Erfahrung und Format hat.“

„Außen- und Europapolitik war abwesend, nicht nur bei den Grünen“

Zur Bundestagswahl in Deutschland und dem Szenario einer Regierung aus drei Parteien schreibt die italienische Tageszeitung „Corriere della Sera“ aus Mailand am Samstag:

„Was das aus europäischer Sicht bedeutet, ist schwer zu sagen. Und das nicht nur deswegen, weil die Außen- und Europapolitik so abwesend war im Wahlkampf, außer bei Baerbock und den Grünen. Sowohl mit Laschet als auch mit Scholz wird es ganz generell Kontinuität geben. Aber der nächste deutsche Kanzler muss sich mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt beschäftigen, der wegen der Pandemie ausgesetzt ist.

Die Rückkehr zur Sparpolitik steht bereits in Aussicht und mit einer Regierung unter der Führung von CDU/CSU, vielleicht mit den Liberalen im Finanzministerium, könnte sie auch gelingen. Auch Scholz sagt eigentlich, dass man nach 2022 die alte Finanzdisziplin wieder herstellen müsse. Aber der sozialdemokratische Kandidat war auch derjenige, der den EU-Wiederaufbaufonds, die Vergemeinschaftung der Schulden, als „Hamilton-Moment“ bezeichnet hat. Sein Europa wäre sicher viel solidarischer.“

Wahlkampfabschluss der SPD in Nordrhein-Westfalen
Rolf Vennenbernd/dpa

„Merkel hinterlässt eine große Leere, egal, ob der nächste Kanzler Scholz oder Laschet heißt“

Die sozialdemokratische Budapester Tageszeitung „Nepszava“ fokussiert sich unterdessen mehr auf das Ausscheiden Angela Merkels aus der Politik. Unabhängig davon, wer der Nachfolger der deutschen Regierungschefin werde, stehe die EU vor großen Herausforderungen:

„Sie war nicht allmächtig. Mit den „Illiberalen“ (in Europa) vermochte sie nichts anzufangen. Obwohl sie selbst lange Zeit hinter dem Eisernen Vorhang gelebt hatte, war sie unfähig zu begreifen, wie Ungarn und Polen dazu imstande sind, all das zu zerstören, wofür die beiden (ex-kommunistischen) Länder so lange gekämpft hatten. (...) Dennoch besteht kein Zweifel, dass sie eine große Leere hinterlässt, egal, ob der nächste Kanzler Armin Laschet oder Olaf Scholz heißen wird. Deutschland darf sich jedoch von Merkels Erbe nicht abwenden. Die EU steht weiterhin vor enormen Herausforderungen. Ohne Berlin sind sie nicht zu bewältigen.“

Armin Laschets „ungeschickter Auftritt verfolgt ihn bis heute“

Die belgische Zeitung "De Standaard" geht am Freitag genauer auf den Wahlkampf des Unionskanzlerkandidaten Armin Laschet ein. Der, so urteilt das Blatt, hat viele Federn lassen müssen. Sein Lacher im Hochwassergebiet „verfolgt ihn bis heute“, und auch an anderer Stelle sähen Analysten ein „Zeichen von Schwäche“:

„Im Wahlkampf des Kanzlerkandidaten der Christdemokraten hat es einige Ausrutscher gegeben, die seine Glaubwürdigkeit beeinträchtigt haben. Seine Kampagne wurde von den Überschwemmungen überrollt. Das Klima schien plötzlich das Wahlkampfthema zu sein, während genau dieses Thema seine Achillesferse ist; er musste sich bei den Opfern abrackern, obwohl er lieber hinter den Kulissen an Kompromissen und Lösungen arbeitet.

Sein ungeschickter Auftritt (im Flutgebiet) verfolgt ihn bis heute, und der Weg zur Kanzlerschaft verläuft nicht so glatt, wie er das - als erfolgreicher Ministerpräsident des wichtigsten Bundeslandes Nordrhein-Westfalen - erwartet hatte. (...) Lange Zeit präsentierte sich Laschet als Merkels Nachfolger, als der Mann, der ihre Politik ohne Bruch fortführen würde. Doch als er in den Umfragen hinter Olaf Scholz zurückfiel, setzte er im Wahlkampf andere Akzente: mehr Sicherheit, weniger Steuern. Laschet distanziert sich von den Kanzlerkandidaten der Roten und Grünen, die einander gefunden zu haben scheinen. Er warnt vor den Folgen, sollten sie an die Macht kommen. Das, so sagen alle Analysten, ist ein Zeichen von Schwäche.“

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