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Umgangsrecht Familienministerin will Väter von Trennungskindern rechtlich besserstellen

Nach einer Trennung leben in mehr als 70 Prozent der Fälle die Kinder bei der Mutter. Der Vater zahlt Unterhalt, erhält vielfach nur ein Umgangsrecht. Familienministerin Giffey sieht Reformbedarf.
Franziska Giffey

Franziska Giffey

Foto: CLEMENS BILAN/ EPA-EFE/ REX

Familienministerin Franziska Giffey hält das Sorge- und Umgangsrecht in Deutschland für nicht mehr zeitgemäß. In einem Interview erklärte die SPD-Politikerin nun, dass Väter von Trennungskindern rechtlich besser gestellt werden sollten. Es gehe nicht an, "dass der Vater weiterhin den vollen Unterhalt zahlen muss, auch wenn das Kind viel Zeit bei ihm verbringt und sogar ein eigenes Zimmer bei ihm hat", sagte die SPD-Politikerin der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Aus ihrer Sicht sei es eine gute Sache, dass nach Trennungen immer mehr Väter weiter die Erziehungsverantwortung tragen wollen. "Wir brauchen deshalb sowohl eine Reform des Sorge- und Umgangsrechts als auch Änderungen im Unterhaltsrecht, die möglichst viel Flexibilität für verschiedene Betreuungsmodelle lassen."

Der Staat könne dafür aber keine allgemeinverbindliche Lösung vorschreiben. Sie sprach sich insbesondere gegen Forderungen der FDP nach einem so genannten Wechselmodell für Trennungskinder aus, wonach das Kind eine Woche bei der Mutter und eine Woche beim Vater verbringen soll.

Väter erhalten meist nur Umgangsrecht

In Deutschland sind rund 124.000 Kinder und Jugendliche von der Scheidung ihrer Eltern betroffen. Experten schätzen, dass dazu Zehntausende weitere Kinder von Paaren kommen, die nicht verheiratet waren und sich trennten. Sie sind in keiner Statistik erfasst.

Der Großteil, 73 Prozent, lebt nach der Trennung überwiegend oder ausschließlich bei der Mutter. Komme es zu einem Verfahren vor dem Familiengericht, blieben die Kinder überwiegend bei der Mutter, sagt ein Sprecher des Deutschen Familiengerichtstags. Der Vater erhält meist nur ein Umgangsrecht. Manche Kinder sehen ihren Vater danach mindestens einmal pro Woche, andere seltener (mehr dazu lesen Sie hier ).

Die Familienministerin kündigte auch eine Reform des Elterngeldes an, damit Väter mehr Zeit mit ihren Babys verbringen können. Zwar sei der Anteil der Männer, die sich zu Hause um ihre Neugeborenen kümmern, seit Einführung des Elterngeldes vor zwölf Jahren von drei auf heute über 35 Prozent gestiegen. Aber "das Rad dreht sich weiter, und mit ihm die Wünsche und Erwartungen von Eltern", sagte Giffey. Ihr Vorschlag solle noch in diesem Jahr auf den Tisch kommen.

"Lange überfällig"

Der FDP-Familienpolitiker und Vorsitzende der FDP Bayern, Daniel Föst, sagte, der Vorstoß Giffeys zu einer Reform des Umgangs- und Unterhaltsrechts sei "lange überfällig". "Es wird Zeit, dass das Familienrecht die Lebenswirklichkeiten widerspiegelt und den Eltern die Möglichkeiten bietet, sich ohne teure und langwierige Gerichtsverhandlungen zu einigen."

Zugleich bekräftigte der Bundestagsabgeordnete die Forderung seiner Partei nach dem Wechselmodell als Leitbild.

FDP-Fraktionsvize Katja Suding sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, auf die von Giffey angekündigte Reform müssten weitere Schritte folgen. So müssten auch das Sozialrecht, das Steuerrecht, das Rentenrecht sowie die Regelungen zur rechtlichen Vertretung des Kindes überprüft werden, forderte Suding.

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mho/dpa