Die Situation im Nahen Osten spitzt sich weiter zu. Der Iran hat ein Containerschiff eines britischen Unternehmens beschlagnahmt. Was ist über den Fall bekannt? Was ist der Hintergrund der Aktion? Die wichtigsten Antworten

Was ist im Golf von Oman passiert?

Im Golf von Oman ist laut Berichten aus Großbritannien ein Handelsschiff festgesetzt worden. Der Vorfall soll sich etwa 50 Seemeilen nordöstlich der Hafenstadt Fudschaira in den Vereinigten Arabischen Emiraten ereignet haben. Auch die Marine der iranischen Revolutionsgarden bestätigte eine Festsetzung. Das Schiff habe eine Verbindung zu Israel und befinde sich in der Region am Persischen Golf

Die iranische staatliche Nachrichtenagentur Irna meldete zudem, das Containerschiff MCS Aries sei in einem Hubschraubereinsatz von Spezialeinheiten der Revolutionsgarden beschlagnahmt worden und werde Richtung Iran umgeleitet.

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Um was für ein Schiff handelt es sich?

Der Frachter wurde von iranischen Medien als die unter portugiesischer Flagge fahrende MSC Aries identifiziert. Es handelt sich um ein Containerschiff der Londoner Firma Zodiac Maritime, die zur Unternehmensgruppe des israelischen Milliardärs Eyal Ofer gehört. Auch die Nachrichtenagentur AP berichtete, dass ihr ein Video vorliegt, in dem die MSC Aries zu erkennen ist.

Die MSC Aries war zuletzt am Freitag vor Dubai auf dem Weg in die Straße von Hormus geortet worden, die in den Golf von Oman führt. Das Schiff hatte seine Ortungsdaten ausgeschaltet, was bei Schiffen mit israelischer Beteiligung, die durch die Region fahren, üblich ist.

Nach Angaben des Schiffsortungsdienstes VesselFinder befand sich das 366 Meter lange Schiff auf der Fahrt aus den Vereinigten Arabischen Emiraten nach Indien.

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Wer hat das Schiff unter seine Kontrolle gebracht?

Nach Berichten der staatlichen iranischen Nachrichtenagentur Irna verübte eine Spezialeinheit der Marine der Revolutionsgarde den Angriff auf das Schiff. Die Garde wurde nach der iranischen Revolution 1979 gegründet. Sie sollte das System und seine Ideologie erhalten. Heute untersteht sie dem religiösen und politischen Führer der Islamischen Republik, Ali Chamenei. Sie hat eine eigene Luftwaffe und Marine sowie Spezialeinheiten für Auslandseinsätze.

Bei dem eingesetzten Hubschrauber handelt es sich laut AP offenbar um einen Mil-Mi-17 aus der Sowjetära, den sowohl die Revolutionsgarde als auch die vom Iran unterstützte Huthi-Miliz im Jemen in der Vergangenheit für Angriffe auf Schiffe einsetzten.

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Was ist der Hintergrund der Aktion?

Der Iran hat seit 2019 eine Reihe von Schiffen beschlagnahmen lassen. Zudem wurden der Regierung mehrere Angriffe auf Schiffe in dem Gebiet vorgeworfen. Speziell in den Gewässern vor Fudschaira kam es zu einer Reihe von Explosionen und Entführungen. Die US-Marine machte den Iran für Minenangriffe auf Schiffe verantwortlich, bei denen Tanker beschädigt wurden.

Die Straße von Hormus, eine etwa 55 Kilometer breite Meerenge zwischen dem Iran und Oman, gilt als eine der wichtigsten Schifffahrtsrouten für den weltweiten Ölexport. Die USA werfen der iranischen Marine regelmäßig vor, den zivilen Schiffsverkehr in der Straße von Hormus und im angrenzenden Golf von Oman zu behindern.

Seit Ausbruch des Gazakriegs Anfang Oktober haben Konflikte in der Region auch auf den Seerouten deutlich zugenommen. Insbesondere die mit dem Iran verbündeten Huthi-Kämpfer im Jemen haben regelmäßig Tanker auf dem Weg nach Israel angegriffen. Große Reedereien meiden zunehmend die Route im Roten Meer, der kürzesten Verbindung auf dem Seeweg zwischen Asien und Europa.

Die militärischen Spannungen in der Region sind so groß wie seit Jahren nicht mehr. Nach dem mutmaßlich israelischen Luftangriff auf Irans Botschaftsgelände in Syrien, bei dem zwei Brigadegeneräle getötet wurden, hat die Staatsführung in Teheran bereits Israel mit Vergeltung gedroht. Beobachter sehen die verfeindeten Länder am Rande einer kriegerischen Eskalation.

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Welche Reaktionen gibt es?

Der israelische Außenminister Israel Katz sprach von einer "Piratenaktion" unter Verletzung des Völkerrechts. Er forderte in einem Beitrag auf der Plattform X die Europäische Union dazu auf, neue Sanktionen gegen den Iran zu verhängen und die Revolutionsgarden als Terrororganisation einzustufen. Das EU-Parlament hatte das bereits im Januar 2023 gefordert. Die EU-Kommission lehnte das ab, da es dafür keine Rechtsgrundlage gebe. Womöglich will sie aber auch nur die diplomatischen Beziehungen zur iranischen Regierung nicht weiter verschlechtern.

Die USA bezeichneten die Beschlagnahmung als "eklatanten Verstoß gegen das Völkerrecht". Die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats nannte das Vorgehen der iranischen Revolutionsgarden einen Akt der Piraterie. Der Iran müsse das Schiff und die Besatzung, die aus indischen, philippinischen, pakistanischen, russischen und estnischen Staatsangehörigen bestehe, unverzüglich freilassen. "Wir werden mit unseren Partnern zusammenarbeiten, um den Iran für sein Vorgehen zur Rechenschaft zu ziehen."

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