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Mobilfunknetze der Zukunft Regierung und Provider spielen Maßnahmen gegen Huawei durch

Die Rolle Huaweis beim Aufbau der 5G-Netze ist umstritten. In Deutschland wollen die Mobilfunkanbieter bislang mit dem chinesischen Konzern zusammenarbeiten - doch es gibt auch Pläne für ein alternatives Szenario.
5G-Schriftzug

5G-Schriftzug

Foto: Yves Herman/ REUTERS

Die Diskussion in der Bundesregierung wie auch unter den Telekommunikationsanbietern über den künftigen Umgang mit Huawei nimmt Fahrt auf. Anlass sind die Warnungen aus Kreisen der US-Geheimdienste und deren Verbündeten, aber auch von deutschen Lobbyisten  und Thinktanks , chinesische Netzwerkausrüster könnten von ihrer Regierung gezwungen werden, Spionagehintertüren in ihre Netzwerkausrüstung einzubauen - oder sogar eine Sabotagefunktion.

In den USA, Australien und Neuseeland wurde Mobilfunkprovidern deshalb bereits die Verwendung der Produkte von Huawei und ZTE beim 5G-Aufbau untersagt, obwohl gerade Huawei als günstiger und technisch moderner gilt als die Konkurrenten Cisco, Nokia und Ericsson.

"Anlass zur Sorge"

Öffentlich bekannte Belege für staatlich angeordnete Spionage durch Huawei oder absichtlich verbaute und versteckte Hintertüren in Huaweis Technik gibt es nicht. Dennoch hatte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Donnerstag auf dpa-Anfrage gesagt, das chinesische Cybersicherheitsgesetz verpflichte Unternehmen, in bestimmten Fällen auch im Ausland gewonnene Erkenntnisse an staatliche Stellen weiterzugeben. Diese Regelung biete "Anlass zur Sorge".

Dem "Handelsblatt" zufolge  sollen das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und die Bundesnetzagentur in den nächsten Wochen - und damit noch vor der Versteigerung der 5G-Frequenzen - "die ersten Eckpunkte" für neue Sicherheitsanforderungen an Netzwerkausrüster festlegen. Darauf habe sich eine Runde aus Vertretern der beiden Behörden, des Kanzleramts sowie Staatssekretären der zuständigen Ministerien am Mittwoch geeinigt.

Die neuen Anforderungen sollen demnach eine Verpflichtung zur Zertifizierung der Netzwerkausrüstung sowie eine Offenlegung von Quellcodes umfassen. Weil die chinesischen Anbieter Huawei und ZTE schon in den bestehenden Netzen große Teile der Technik bereitstellen, sollen die neuen Pflichten auch für die 2G-, 3G- und 4G-Netze gelten.

Die Deutsche Telekom und Telefónica haben dem "Handelsblatt"-Bericht zufolge bereits durchgespielt, welche Konsequenzen es hätte, Huawei aus ihren Kernnetzen zu verbannen. Das sind jene Bereiche eines Mobilfunknetzes, in denen unter anderem Nutzerdaten zentral gespeichert und aus denen heraus ein Netz zentral gesteuert wird. Ein Telefónica-Sprecher sagte der Zeitung, der Rückbau wäre eine langwierige Arbeit, die nötigen Ressourcen würden solange an anderer Stelle fehlen.

Ganz allgemein würden der Umbau und das Ausweichen auf andere Anbieter "zu massiven Mehrausgaben führen und den Ausbau von 5G verlangsamen", schreibt das "Handelsblatt" unter Berufung auf Branchenkreise. Ein kompletter Verzicht auf Huawei in allen Netzwerkbereichen sei laut Telekom "kaum möglich", würde "einige Jahre dauern" und "hätte massive Konsequenzen für die Qualität der Netze".

Gesetzesänderung als zweite Option

Mit neuen Offenlegungs- und Zertifizierungspflichten für Huawei könnte die Telekom aber wohl durchaus leben. Das Unternehmen hat diese Woche Vorschläge veröffentlicht, die in eine ganz ähnliche Richtung gehen.

Das ARD-Hauptstadtstudio berichtete am Mittwoch  noch von einer anderen Option der Bundesregierung. So prüfe das Innenministerium derzeit eine Änderung des Telekommunikationsgesetzes, um chinesische Hersteller vom Ausbau der 5G-Netze faktisch auszuschließen. Das Gesetz könne demnach dahingehend geändert werden, dass Komponenten eines Herstellers nur dann eingesetzt werden dürfen, wenn er belegen kann, dass es keine staatlichen Zugriffsmöglichkeiten auf diese Produkte gibt.

In der Opposition gibt es unterschiedliche Ansichten über den Umgang mit Huawei. Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen, hatte der Bundesregierung zuletzt vorgeworfen, das Gefahrenpotenzial "bislang komplett" zu ignorieren.

Der netzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Manuel Höferlin, sagte: "Wir dürfen es nicht riskieren, die Kontrolle über unsere Infrastruktur aus der Hand zu geben. Das wäre so, als ob man überall in Europa digitale Atomsprengköpfe verteilt und den roten Knopf ins Ausland verlegt. Wir sind besser beraten, den Schwerpunkt auf europäische Ausrüster zu setzen".

Der FDP-Fraktionsvize Frank Sitta hingegen sagte nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa, "ein bloßes Störgefühl" reiche nicht, um ein Verbot zu rechtfertigen. Deutschland dürfe sich "nicht in einen Handelskrieg zwischen den USA und China ziehen lassen".

pbe