Deutschland und Chile „Der Handel muss in einer für beide Seiten fairen Form umgesetzt werden“

Solebecken mit Lithiumkarbonat und Haufen von Nebenrodukten, die in der Atacama-Wüste im Salar de Atacama verstreut werden. Quelle: dpa

Olaf Scholz reist an diesem Wochenende nach Südamerika. Eine Station davon ist Chile. Im Interview erklärt AHK-Chefin Cornelia Sonnenberg, was das Land wichtig für die deutsche Wirtschaft macht.

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WirtschaftsWoche: Frau Sonnenberg, Bundeskanzler Olaf Scholz reist an diesem Wochenende nach Südamerika, neben Argentinien und Brasilien besucht er auch Chile, wo Sie die Auslandshandelskammer leiten. Wird Chile für Deutschlands Wirtschaft in Zeiten der Zeitenwende immer wichtiger?
Cornelia Sonnenberg: Chile ist ein langjähriger, verlässlicher Partner für die deutsche Wirtschaft. Unsere Handelskammer ist 106 Jahre alt und größer, zum Beispiel als die der der Amerikaner oder der Spanier. Für Deutschlands Wirtschaft ist Chile in aktuellen Zeiten enorm wichtig, vor allem durch Bereiche wie Bergbau, Energie und grünen Wasserstoff. Insbesondere im Bereich Energiewirtschaft soll die Partnerschaft noch weiter vertieft werden.

Im Bereich Rohstoffe hat Deutschland lange auf Russland und China gesetzt, Länder wie Chile wurden eher ignoriert. Das soll sich jetzt ändern. Wie groß ist das Potenzial für eine bessere Partnerschaft?
Chile ist der größte Kupfer-Produzent der Welt, Deutschland ist der größte europäische Abnehmer. Außerdem ist Chile weltweit zweitgrößter Lieferant von Lithium. Neben weiteren Rohstoffen exportiert Chile Nahrungsmittel. Dazu gehört nicht nur der gute chilenische Wein, sondern auch Lachs, Trauben, Äpfel und Gemüse.

Chile will für Deutschland aber sicher mehr sein als nur eine Alternative zu Russland und China?
Auch Chile selbst ist stark von China abhängig: Mehr als die Hälfte der Exporte gehen in die Volksrepublik. In Deutschland sehen die Chilenen einen interessanten Partner, der auf Klimaschutz und den Kohleausstieg setzt, der erneuerbare Energien fördert – da gibt es große Übereinstimmungen zwischen beiden Ländern, aus der man sich einen Schub in der Kooperation erhofft.

Quelle: Privat

Zur Person

Erst im Dezember haben Porsche und Siemens Energy die weltweit erste E-Fuel-Fabrik im Süden Chiles eröffnet, wo die enorme Windkraft genutzt werden kann. Wird sich Chile als Vorreiter in den erneuerbaren Energien beweisen können?
Der Ausbau der erneuerbaren Energien in Chile geht gut voran, speziell durch den zusätzlichen Antrieb für die Verwendung und Produktion von grünem Wasserstoff. Der wird normalerweise nicht in seiner Ursprungs-Form exportiert, sondern zu Ammoniak und Methanol weiterverarbeitet, um Brennstoffe herzustellen. Wir sprechen in Chile inzwischen von insgesamt mehr als 30 Projekten, wo es um die direkte industrielle Anwendung von grünem Wasserstoff geht. Die Chilenen gehen davon aus, dass sie bis 2030 einer der wettbewerbsfähigsten Hersteller von grünem Wasserstoff werden.

Chile setzt allerdings noch auf einen weiteren Zweig im Bereich der Erneuerbaren: Solar-Energie. Sind die Ziele dabei ebenfalls so ambitioniert?
Chile hat eine der besten Solar-Einstrahlungen der Welt, die Branche wird stark ausgebaut. Hier stehen riesige Photovoltaikanlagen und die größte Solar Concentration Power Anlage, die es in Lateinamerika gibt. Hier werden Salze erhitzt und durch die Solarkraft verflüssigt, das kann dann für die Produktion von Dampf und das Betreiben von Turbinen eingesetzt werden.

Deutschland will seine Kooperation mit Chile auch im Bereich Bergbau ausbauen, Deutschland war im vergangenen Jahr erstmals Partnerland bei der weltweit größten Bergbaumesse in Chile. Was ist von dieser Partnerschaft zu erwarten?
Es gibt eine interessante Symbiose zwischen Energie und Bergbau. Der Bergbau wird einer der größten Abnehmer sein, sowohl für erneuerbare Energien als auch grünen Wasserstoff. Die Branche arbeitet daran, nachhaltiger zu werden. Die größte Herausforderung besteht darin, den Diesel zu ersetzen, der für den Antrieb der Maschinen und großen Tracks genutzt wird.

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Mit dem Lieferkettengesetz müssen deutsche Unternehmen Nachhaltigkeitskriterien prüfen. Wie sehr erschweren solche Regularien das Knüpfen neuer Wirtschaftsbeziehungen?
Für den Mittelstand ist die Herausforderung am größten. Wir können deutschen Unternehmen anbieten, hier vor Ort ihr Auge zu sein und Checks bei Lieferanten durchzuführen. Es ist wichtig, praktische Lösungen zu finden, die zu der korrekten Durchsetzung dieses Gesetzes führen. Das Lieferkettengesetz darf den Handel nicht verhindern. Ich denke aber, dass es in anderen Ländern noch viel schwerer werden dürfte, die Kriterien zu erfüllen.

Die Bundesregierung will das Handelsabkommen der EU mit Mercosur vorantreiben, Chile ist assoziiertes Mitglied des südamerikanischen Staatenbunds. Was muss passieren, damit es 2023 zum Abschluss kommt?
Dieses Handelsabkommen wird seit Jahren immer wieder diskutiert. Manchmal wird in dieses Abkommen viel hineinprojiziert, was über das hinausgeht, wofür es gedacht ist. Es ist wichtig den Fokus auf die wichtigen Punkte nicht zu verlieren.

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Und zwar?
Der Handel muss in einer für beide Seiten fairen Form umgesetzt werden. Heutzutage wird viel mehr auf Aspekte wie die Umwelt und Menschenrechte geachtet, mit der Zeit wachsen die Anforderungen. Das macht die Verhandlungen schwieriger. Es geht um einen riesigen Markt, den viele Staaten erschließen wollen, die USA wie China. Es täte auch den Europäern gut, hier über das Abkommen einen Pflock einzuschlagen.

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