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Südtirol forciert das Reisen ohne Auto

Ein dichtes Netz von Zügen, Bussen und Seilbahnen macht das Umsteigen bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel in Südtirol leicht. Urlauber, die einen Guest Pass haben, können auf diese Weise sogar zum Nulltarif reisen. Ein im nachhaltigen Sinn wegweisendes Angebot.
Südtirol: Regionalbahnen sind eine Alternative für Reisende Südtirol: Regionalbahnen sind eine Alternative für Reisende
Gut getaktet: Südtirols Regionalbahnen sind eine Alternative für Reisende
Quelle: pa/beatuerk/Shotshop
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Bei schönem Wetter wird es am stillen Haltepunkt Percha an der Pustertalbahn lebendig wie auf einem Großstadtbahnhof im Berufsverkehr. In Scharen strömen Wanderer und Ausflügler aus dem Elektrotriebzug. Nur ein paar Schritte entfernt stehen gegenüber die Gondeln der Umlaufbahn Percha-Ried zum Einsteigen bereit, hinauf zu Wanderwegen des Kronplatz-Plateaus gut 1300 Meter höher. Nicht nur in der Wandersaison, sondern auch im Skiwinter wächst die Nachfrage nach diesem bequemen Weg auf den Berg, ohne Autoanfahrt und Parkplatzsuche.

Die Kombination von Schienenbahn und Seilbahn ist nur ein Highlight des öffentlichen Nahverkehrs in Südtirol. In Italiens nördlichster Provinz ist in den letzten Jahren eines der besten nachhaltigen Nahverkehrssysteme entstanden, das die von den Alpenvereinen seit Langem geforderte „sanfte Mobilität“ umsetzt und sich durchaus mit dem Muster-Bahnland Schweiz messen kann.

Das flächendeckende Angebot mit guten Anschlussverbindungen und einem einheitlichen Tarifsystem für die gesamte Region ermöglicht Südtirol-Urlaubern, bequem ohne Auto unterwegs zu sein – ein Modellprojekt, von dem andere Urlaubsregionen lernen könnten.

Südtirol
Quelle: Infografik WELT

Das „Südtirolmobil-Liniennetz“ ist ein landesweiter Verkehrsverbund, mit Übergängen in die Schweiz und nach Österreich sowie ins Trentino. Es besteht aus vier Bahnstrecken und 200 Buslinien. Hinzu kommen fünf Luftseilbahnen, zudem die Standseilbahn auf Schienen von Kaltern hinauf zum Mendelpass und die Rittnerbahn, die auf schmaler Spur seit 125 Jahren die Dörfer auf dem Ritten, Bozens beliebter Sommerfrische, bedient.

Ein Vorteil ist die Vernetzung von Bahn und Bus

Bahnen sind das Rückgrat des Netzes: Neben der internationalen Brennerstrecke von München nach Verona, die in Südtirol Brixen und Bozen berührt, sind das die Linie Bozen–Meran, die Vinschgaubahn von Meran in den Vinschgau hinauf, außerdem die Pustertalbahn von Brixen bis Innichen und weiter nach Lienz im österreichischen Osttirol. Überwiegend im Halbstundentakt verkehren dort moderne, bunt gestaltete Triebzüge, die jeweils auch eigene Fahrradabteile haben.

Bis 2025 soll dieses Bahnnetz umsteigefrei quer durch die Provinz Bozen und weiter nach Österreich funktionieren, vom Endbahnhof Mals über Meran, Bozen und Brixen abwechselnd Richtung Brenner–Innsbruck oder ins Pustertal bis Osttirol. Voraussetzung dafür ist die Elektrifizierung der Vinschgaubahn auf ihren 60 Kilometern. Die war in den 1990er-Jahren stillgelegt und 2005 wieder in Betrieb genommen worden. Für die aktuellen Bauarbeiten gibt es in diesem Jahr Fahrplan-Einschränkungen und Schienenersatzverkehr.

Zum Verkehrsverbund „Südtirolmobil-Liniennetz“ gehört auch die Mendelbahn
Zum Verkehrsverbund „Südtirolmobil-Liniennetz“ gehört auch die Mendelbahn
Quelle: pa/imageBROKER/allesfoto

Zu den großen Vorteilen zählt die Vernetzung von Bahn- und Busverkehr. Von den Bahnhöfen der Hauptorte verästeln sich die Buslinien bis in einsame Bergdörfer und hinauf auf die Dolomitenpässe. Vor allem für Touristen interessant ist der Überetsch-Express, der ganztägig als Linienbus von Bozen in die Weindörfer Eppan und Kaltern sowie stündlich weiter nach Tramin fährt – ideal für Ausflüge und Besichtigungen.

Während in den Städten meist alle 15 Minuten ein Bus kommt, stehen auf dem Land überwiegend Halbstunden- oder Stundentakt im Fahrplan. Abends und an Wochenenden ist der Verkehr allerdings deutlich ausgedünnt. Immerhin bietet ein „Nightliner“ vor allem in den Samstagnächten über Mitternacht hinaus Busverbindungen bis in entlegene Nebentäler. Das ist praktisch, denn auch in Italien gilt für Autofahrer die 0,5-Promille-Grenze.

Südtirols Tourismusmanager versprechen, dass das Busangebot flexibel auf plötzlich steigende Nachfrage reagieren wird: Wenn der Berg mehr Wanderer ruft, als der Bus verkraftet, sollen zusätzliche Busse kommen, ebenso bei einem Schlechtwettereinbruch oder bei Festen und Sportereignissen. Mit der Südtirolmobil-App sind alle Fahrpläne mobil und individuell abrufbar.

Viele Touristen nutzen den Nahverkehr kostenlos

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Touristen profitieren besonders: Für sie ist die Nutzung des Nahverkehrs komplett kostenlos, wenn ihr Quartier – vom Sterne-Hotel bis zur Ferienwohnung – ihnen den Südtirol Guest Pass mit der Übernachtung automatisch zur Verfügung stellt. Das ist bei rund 60 Prozent der Unterkünfte der Fall, unterm Strich werden laut Südtirol Information damit 70 Prozent aller Übernachtungsgäste erreicht, Tendenz steigend.

Wenn der Gastgeber den Südtirol Guest Pass nicht bietet, können Mobilcards mit dem vollen Verkehrsangebot für ein, drei oder sieben Tage gekauft werden (20 Euro für einen Tag). Von allen Karten gibt es Varianten mit Zusatzleistungen wie etwa freien Eintritt in Museen oder Schwimmbäder.

Fahrradfahrern stehen in der Bahn eigene Abteile zur Verfügung
Fahrradfahrern stehen in der Bahn eigene Abteile zur Verfügung
Quelle: IDM Südtirol/Matt Cherubino

Das Ziel der Landesregierung ist guter, günstiger, flächendeckender Nahverkehr. Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider, quasi der Landesverkehrsminister, sagt: „Die Mobilität Südtirols wird sich verändern. Wir wollen, dass das am meisten benutzte Verkehrsmittel nicht mehr das Auto ist.“ Seit gut einem Jahrzehnt investiert die Provinz mit gut einer halben Million Einwohner und bis zu 80.000 Urlaubern am Tag deshalb in den ÖPNV.

Anreise nach Südtirol meist mit dem Auto

Es bleibt aber noch einiges zu tun. Feriengäste machen Studien zufolge etwa 20 Prozent des Verkehrsaufkommens auf der Straße aus. Das Land an Etsch und Eisack hat mit fast 900 Autos pro 1000 Einwohner zudem eine in Europa einmalige Autodichte. Auf Südtirols Durchgangsstraßen gibt es oft Staus und Kolonnenverkehr, Parkplätze in den Städten, an Bergbahnen und touristischen Attraktionen sind je nach Wetterlage Mangelware.

In den Dolomiten wird’s noch enger. Für die Hochsaison 2023 sind, wie schon in den vergangenen Jahren, Straßensperrungen für den Individualverkehr vorgesehen, beispielsweise auf der Zufahrt zum Pragser Wildsee und im Fischleintal in Sexten. Hier ist Umsteigen in Shuttlebusse angesagt, und es müssen Tickets gelöst werden, die je nach Strecke bis zu 16 Euro kosten.

Noch frei ist die Fahrt auf Sella-, Grödner- und Pordoi-Joch, doch unterstützt von der Regierung in Rom gibt es in den Provinzen Südtirol, Belluno und Trient gemeinsame Pläne für eine „Dolomiten Low Emission Zone“ mit Stopp beziehungsweise Einschränkungen des Autoverkehrs. In Südtirol werden sonntags bereits jetzt immer wieder Passstraßen gesperrt, die dann den Radfahrern gehören. Weitere Infrastrukturmaßnahmen sind für die nächsten zehn Jahre geplant; das gesamte Investitionsprogramm hat eine Größenordnung von zwei Milliarden Euro.

Für die Anreise in die Südtiroler Urlaubsorte wird das Auto allerdings die Nummer eins bleiben. Zwar gibt es fünf tägliche Eurocity-Verbindungen ab München, „doch die kommen in den Sommermonaten an ihre Kapazitätsgrenzen“, bedauert eine Sprecherin der Südtiroler Tourismusorganisation. Ihr Wunsch: „Neue Direktverbindungen aus Deutschland, etwa von Hamburg, Berlin oder Frankfurt.“ Auch Nachtzüge fehlen: Der privat betriebene Urlaubsexpress, der als Autoreisezug bis 2022 Deutschland mit Bozen und Verona verband, fährt in diesem Jahr nur bis Innsbruck.

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Pech hat, wer sein Gepäck aufgeben und ins Urlaubsquartier befördern will: Deutsche Bahn und Partner Hermes liefern nicht nach Südtirol. Ein anderer Anbieter berechnet wenigstens 55 Euro pro Koffer und Richtung – das kostet fast so viel wie ein Sparpreis-Ticket. Da hilft nur eins: mit wenig Gepäck reisen.

Zentrale Anlaufadresse im Internet: suedtirol.info, auch mit Informationen zum Verkehrsnetz, zum Guest Pass und zu den verschiedenen Mobilcards (Tageskarte 20 Euro, drei Tage 30 Euro, sieben Tage 45 Euro, Museummobil Card drei Tage 55 Euro). Dort gibt es auch nähere Auskünfte zu Shuttlebus-Diensten bei gesperrten Zufahrten (Stichwort: Erreichbarkeit).

Freie Fahrt im Urlaub auch anderswo:

In zwei Dutzend deutschen und alpinen Urlaubsgebieten können Feriengäste ebenfalls häufig Bus und Bahn kostenlos über Gästekarten oder Kurkarten benutzen, wobei Nutzungsmöglichkeiten und Umfang der Fahrgebiete von Region zu Region variieren. Die Website fahrtziel-natur.de der Deutschen Bahn bietet einen guten Überblick über die verschiedenen Angebote, von der Ostsee über die Eifel bis ins Allgäu sowie für den Schweizer Kanton Graubünden.

Zu den herausragenden Angeboten in Deutschland zählt die Konus-Gästekarte Schwarzwald – gut 9000 Beherbergungsbetriebe geben sie an Urlauber aus, die damit freie Fahrt im gesamten Schwarzwald und von Pforzheim bis Basel haben (schwarzwald-tourismus.info/planen-buchen/konus-gaestekarte).

In Österreich bietet die Burgenland Card viele Vorteile. Übernachtungsgäste erhalten sie automatisch (rund die Hälfte der Hotels und Pensionen machen mit). Neben kostenlosen Fahrten mit Bus und Bahn im kompletten Bundesland ist der Eintritt zu 285 Attraktionen frei oder vergünstigt (burgenland.info/planen/vorteilskarten/burgenland-card).

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