„Sie sind nicht erwünscht, Punkt“: Ukraine-Botschafter lädt CDU-Kretschmer aus

Sachsens Ministerpräsident wollte die Ukraine besuchen

Der scheidende Ukraine-Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk (li.) hat sich Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer vorgeknöpft

Der scheidende Ukraine-Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk (li.), hat sich Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer vorgeknöpft

Foto: LISI NIESNER/REUTERS, Michael Kappeler/dpa
Von: René Garzke

Er hat bereits angekündigt, Deutschland bald zu verlassen – zimperlicher ist der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk (46) dennoch nicht geworden.

Jetzt hat der Diplomat seine Einladung an Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (47) zurückgenommen, die Ukraine zu besuchen. Grund: strittige Aussagen des CDU-Politikers in einer Talkshow zum Ukraine-Krieg.

„Mit Ihrer absurden Rhetorik über das Einfrieren des Krieges spielen Sie in Putins Hände und befeuern Russlands Aggression“, schrieb Melnyk in der Nacht zu Sonntag auf Twitter. Daher sei seine Einladung an Kretschmer „annulliert“.

Melnyk knallhart: „Sie sind unerwünscht. Punkt.“

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DAS war passiert

Melnyk reagierte damit auf Äußerungen des sächsischen Regierungschefs in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ vom Mittwoch.

Dort hatte Kretschmer gesagt, es sei wichtig, dafür „einzutreten, dass dieser Krieg eingefroren werden muss, dass wir einen Waffenstillstand brauchen, dass wir Verhandlungen brauchen, um diesen Krieg zu beenden“. Das erlebe er allerdings „in der öffentlichen Debatte sehr wenig“.

Kretschmer verurteilte in der Sendung mit Blick auf den von Kreml-Chef Wladimir Putin (69) befohlenen Einmarsch in die Ukraine „dieses furchtbare Verbrechen“.

„Russland darf den Krieg nicht gewinnen, das ist absolut richtig“, so der CDU-Politiker. Es dürfe aber bei diesem Krieg „nicht versucht werden, auf dem Schlachtfeld entschieden zu werden, weil das solche schlimmen Folgen haben könnte für uns alle“.

Karte/Map: Krieg in der Ukraine (Stand 22.6.2023) – Infografik

▶︎ Das Problem an Kretschmers Aussagen: Mit einem Waffenstillstand würden die derzeitigen russischen Eroberungen und Gräueltaten akzeptiert. Die Ukraine müsste in etwaigen Verhandlungen Zugeständnisse – etwa über Gebiete – machen, für die es ohne Russlands Angriff keinen Grund gäbe.

Anfang dieser Woche hatte auch der ukrainische Präsidenten-Berater Mikhailo Podoljak (50) im BILD-Interview gewarnt: „Der Verhandlungsprozess wird zu einem Waffenstillstand in einem Krieg führen, der nicht zu Ende sein wird. Die Russische Föderation wird dies als Sieg betrachten und ihre Expansionspolitik fortsetzen.“

Melnyk ist seit Ende 2014 Botschafter in Deutschland und sorgte immer wieder mit scharfer Kritik an deutschen Politikern für Wirbel.

So hatte er Bundeskanzler Olaf Scholz (64, SPD) als „beleidigte Leberwurst“ bezeichnet, als dieser nach der Ausladung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (66) aus der Ukraine zunächst eine eigene Reise nach Kiew abgelehnt hatte.

Außerdem hatte Melnyk mit Aussagen zum ukrainischen Milizenführer Stepan Bandera (1909-1959) und dessen Rolle im Zweiten Weltkrieg irritiert. Kurz darauf unterzeichnete Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj (44) ein Dekret zur Abberufung seines Botschafters aus Berlin. Er soll im Oktober die Geschäfte an seinen Nachfolger übergeben.

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