Der Klimaökonom Ottmar Edenhofer hat sich dafür ausgesprochen, dass die Bundesregierung ihr umstrittenes Heizungsgesetz aufgibt und das Vorhaben neu startet. "Die Ampel hat sich beim Klimaschutz verheddert", sagte der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) der Neuen Osnabrücker Zeitung. "Meine Empfehlung an die Ampel wäre es, kurz durchzuatmen, einen Schritt zurückzutreten und einen neuen Anlauf für die Heizungswende zu nehmen."

Sinnvoller als Verbote findet Edenhofer eine Steuerung über den Preis für den Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO₂). "Den nationalen Emissionshandel mit Emissionsobergrenzen sofort arbeiten zu lassen, ist klüger als die Verbots- und Gebotspolitik." Im Brennstoffemissionshandelgesetz (BEHG) könne eine Obergrenze für Emissionen festgelegt werden, die das Heizen mit Gas schrittweise, aber deutlich verteuere. Damit könne der Preisanstieg gedeckelt werden.

"Die Regierung hat mit dem BEHG wirklich alle rechtlichen Möglichkeiten schon in der Hand", sagte Edenhofer. Dann würden die Bürgerinnen und Bürger von sich aus auf weniger CO₂-intensive Heizungen umstellen. 

Wissenschaftler fordert klarere Kommunikation

Er höre sehr oft, dass höhere CO₂-Preise politisch nicht machbar seien, sagte Edenhofer. "Aber auch detaillierte Vorschriften wie beim Heizungstauschgesetz verärgern die Menschen und sind schwer durchzusetzen. Eine klare Kommunikation der Regierung, die den Leuten erklärt, warum das Heizen mit Gas teurer werden muss, mit welchen Preisanstiegen zu rechnen ist und wer mit welchen Rückerstattungen vor den Preisanstiegen geschützt wird, würde von der Bevölkerung akzeptiert."     

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat im Streit um das geplante Einbauverbot für Öl- und Gasheizungen bereits mehrfach Kompromissbereitschaft signalisiert. Zuletzt hatte sich das Ministerium nach Kritik an dem Heizungsgesetzentwurf offen für Nachbesserungen gezeigt. Eine Kombination von Öl- oder Gaskesseln mit Wärmepumpen könnte beispielsweise dauerhaft zugelassen werden, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf das Ministerium. "Alte Heizkessel dürfen weiterbetrieben werden, soweit sie Teil einer Hybridheizung werden", hieß es demnach. Bisher war dies nur für Übergangszeiträume vorgesehen.

Scholz hält Bedenken für bereits ausgeräumt

SPD und FDP hatten mehrfach Nachbesserungen angemahnt. Nach dem vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf soll ab 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Einige Details sind noch umstritten.

FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler drängt auf ein anderes Fördermodell. "Die Fördersystematik für Gebäude müsse sich an der CO₂-Effizienz orientieren, und der konkrete Sanierungsfahrplan muss den Eigentümern überlassen bleiben", sagte er der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Köhler sprach sich außerdem für spätere Austauschpflichten aus. 

Göring-Eckardt will keine "großen Belastungen" für Mieter

Die Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) pochte unterdessen auf ein Inkrafttreten am 1. Januar, sprach sich aber für Korrekturen aus. Es müsse eine nach Einkommen gestaffelte Förderung geben, sagte sie der Funke Mediengruppe. "Auch für Mieter darf es keine großen Belastungen geben." Deswegen wolle ihre Partei die neue Heizung bis zu 80 Prozent fördern – und nicht wie im Entwurf vorgesehen mit maximal 50. 

Bundeskanzler Olaf Scholz erwartet nach eigenen Angaben keine großen Veränderungen an dem Entwurf. Die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP klopften das Gesetz derzeit auf unbeantwortete Fragen ab, sagte Scholz am Rande des G7-Gipfels in einem ZDF-Interview. Viele berechtigte Sorgen und Bedenken seien bereits ausgeräumt. Dass es dazu komme, dass "im Kern große Veränderungen vorgenommen werden" glaube er nicht.