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Britische Studie Frühere Fußballprofis haben ein deutlich höheres Demenzrisiko

Aktivisten werfen dem englischen Fußballverband schon lange vor, nicht genug für an Demenz erkrankte Ex-Profifußballer zu tun. 2018 gab der Verband eine Untersuchung in Auftrag – und präsentiert nun erste Ergebnisse.
Forschende vermuten einen Zusammenhang zwischen Kopfbällen und einem erhöhten Demenzrisiko

Forschende vermuten einen Zusammenhang zwischen Kopfbällen und einem erhöhten Demenzrisiko

Foto: Steven Paston / DPA

Bei ehemaligen Fußballprofis ist die Wahrscheinlichkeit einer Demenzerkrankung fast dreieinhalbmal so hoch wie in der Allgemeinbevölkerung. Das geht aus einer vom englischen Fußballverband (FA) und der Professional Footballers' Association (PFA) in Auftrag gegebenen Studie  hervor.

Die Ergebnisse der von der Universität Nottingham durchgeführten Untersuchung stützen frühere Studien, wonach ehemalige Fußballer ein höheres Risiko für neurokognitive Erkrankungen haben können.

2019 hatten Forschende der Universität Glasgow und der Hampden Sports Clinic die Gesundheitshistorie von 7676 schottischen Fußballprofis untersucht. Demnach haben sie womöglich ein erhöhtes Risiko, an einer Demenz zu sterben. Auch in Schweden zeigte eine Studie, dass männliche Fußballer ein rund anderthalbmal so hohes Risiko für Alzheimer und andere neurodegenerative Erkrankungen wie der Durchschnitt der Bevölkerung haben. Als Ursache seien Kopfbälle anzunehmen, schrieben die Forschenden.

In dem neuen Bericht heißt es ebenfalls, dass 2,8 Prozent der in der Studie untersuchten Profifußballer im Ruhestand eine ärztlich diagnostizierte Demenz oder andere neurodegenerative Erkrankungen aufwiesen. Bei der Allgemeinbevölkerung lag der Prozentwert nur bei 0,9.

»Dies ist ein äußerst komplexer Bereich unseres Sports«, sagte Dr. Charlotte Cowie, Leiterin der medizinischen Abteilung der FA. »Aber wir sind entschlossen, gemeinsam mit unseren Interessengruppen daran zu arbeiten, unser Wissen in diesem Bereich durch weitere medizinische und fachliche Analysen zu erweitern.«

Bewusstsein für Spätfolgen von Sport steigt

Aktivisten werfen dem Verband vor, nicht genug für ehemalige Profifußballer zu tun, die an neurokognitiven Erkrankungen leiden. Die Familie des verstorbenen Ex-Weltmeisters Nobby Stiles und zahlreiche andere Betroffene kündigten Ende 2022 an, deswegen unter anderem den englischen Fußball-Verband FA zu verklagen. Stiles, Mitglied der siegreichen englischen Mannschaft bei der Heim-WM 1966, war im Oktober 2020 im Alter von 78 Jahren nach langer Krankheit an Demenz gestorben.

Zudem haben sich zahlreiche frühere Sportler aus Großbritannien und dem Commonwealth für eine Sammelklage gegen ihre jeweiligen Dachverbände zusammengeschlossen, darunter Rugby- und Fußballspieler.

Seit die amerikanische Football-Liga NFL im Jahr 2015 Abfindungen in Höhe von einer Milliarde Dollar an frühere Spieler mit neurologischen Beschwerden gezahlt hat, ist das Bewusstsein für Gehirnerschütterungen im Sport gestiegen. Aus der Gesamtsumme wurden Zahlungen an Tausende ehemaliger Spieler geleistet, die unter neurologischen Problemen litten und geklagt hatten.

Die Einigung ersparte der Liga einen Prozess wegen der Behauptung, sie habe lange verschwiegen, was sie über den Zusammenhang zwischen Gehirnerschütterungen und Hirnverletzungen wusste. Der Vergleichsfonds soll mehr als 20.000 Rentner versorgen, die an Hirnerkrankungen wie Alzheimer, Parkinson und Demenz leiden.

In der Folge haben eine Reihe von Spitzenverbänden in Sportarten wie Fußball oder Rugby ihre Vorschriften in Bezug auf Gehirnerschütterungen verbessert.

ast/afp