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Der Blick aus Berlin Bundesministerien vermuten mangelnde Unterstützung für Prigoschin

Warum hat Jewgenij Prigoschin seinen Aufstand abgeblasen? Das Auswärtige Amt und das Verteidigungsministerium nehmen nach SPIEGEL-Informationen an, dass der Wagner-Chef sich mehr Rückhalt in Russland versprochen hatte.

Der monatelange Machtkampf zwischen der russischen Führung und dem Söldnerchef Jewgenij Prigoschin ist in den vergangenen 24 Stunden dramatisch eskaliert. Seine private Wagner-Kampftruppe brachte wohl zuerst wichtige militärische Objekte unter ihre Kontrolle und zog dann gen Moskau. Präsident Putin konterte, brandmarkte Prigoschin als »Verräter« und ließ den Kreml abriegeln. Inzwischen hat Prigoschin nach offenbar stundenlangen Verhandlungen mit dem belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko angekündigt, den Marsch auf Moskau zu stoppen und so »ein Blutvergießen zu vermeiden«.

Nach Informationen des SPIEGEL informierten das Auswärtige Amt und das Verteidigungsministerium am Samstagabend die Obleute der Bundestagsausschüsse für Auswärtiges und Verteidigung über die aktuellen Entwicklungen. In der mündlichen Unterrichtung äußerten die Politische Direktorin des Auswärtigen Amts Tjorven Bellmann und die Parlamentarische Verteidigungsstaatssekretärin Siemtje Möller dem Vernehmen nach die Mutmaßung, Wagner-Chef Prigoschin habe für seinen Putschversuch nicht die von ihm erhoffte Unterstützung von staatlichen russischen Kräften erhalten und daher den Marsch auf Moskau gestoppt.

Angaben zum Inhalt der Vereinbarung zwischen dem Kreml und Prigoschin sowie zum Aufenthaltsort von Putin, Verteidigungsminister Schoigu und Generalstabschef Gerassimow konnten die beiden Regierungsvertreterinnen in der Telefonschalte nicht machen. Die Ausschüsse für Auswärtiges und Verteidigung sollen nach SPIEGEL-Informationen voraussichtlich zu Wochenbeginn zu einer Sondersitzung zusammenkommen.

Treffen mit Scholz, Biden, Macron und Sunak

Außenministerin Baerbock verschob ihre für Sonntagmittag geplante Abreise nach Südafrika um einen Tag, um am Montagvormittag in Luxemburg an einem Treffen der EU-Außenminister teilzunehmen. Baerbock beriet sich am Samstag mit ihren Amtskolleginnen und -kollegen im G7-Format, Verteidigungsminister Boris Pistorius tauschte sich mit US-Verteidigungsminister Lloyd Austin aus.

Am späten Nachmittag schalteten sich außerdem Bundeskanzler Olaf Scholz, US-Präsident Joe Biden, der französische Präsident Emmanuel Macron und der britische Premierminister Rishi Sunak zusammen. Wie der SPIEGEL erfuhr, dauerte die Konferenz etwa 45 Minuten. Demnach hätten die vier Staats- und Regierungschefs ihre jeweiligen Informationen abgeglichen sowie Einschätzungen darüber ausgetauscht, wie sie die Lage beurteilen und welche weiteren Entwicklungen sie erwarten. Außerdem besprachen sie ihr weiteres Vorgehen.

mamk/kor/hic/dpa/dpa-AFX/AFP