Gasblasen oberhalb eines Lecks der Nord-Stream-Pipeline

Lecks in Nord Stream 1 und 2 Kreml wirft Briten Pipeline-Anschläge vor

Stand: 29.10.2022 17:02 Uhr

Russland hat der britischen Marine vorgeworfen, Anschläge auf die Nord-Stream-Pipelines geplant und durchgeführt zu haben. Dieselbe Einheit stecke auch hinter einem Drohnenangriff auf der Krim am Morgen. Großbritannien wies die Behauptung zurück.

Die russische Regierung hat Großbritannien vorgeworfen, für die Explosionen an den Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 verantwortlich zu sein. "Nach den vorliegenden Informationen waren Vertreter einer Einheit der britischen Marine an der Planung, Vorbereitung und Durchführung eines terroristischen Anschlags in der Ostsee am 26. September dieses Jahres beteiligt", teilt das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Belege für diese Anschuldigungen lieferte das Ministerium nicht.

Die insgesamt vier Explosionen in der Ostsee vor der dänischen Insel Bornholm hatten mehrere Lecks in die Nord-Stream-Pipelines gerissen. Den am 26. September entdeckten Lecks waren Explosionen vorausgegangen. Erste Unterwasser-Untersuchungen erhärteten den Verdacht auf Sabotageakte. Die Nord-Stream-Pipelines waren zum Zeitpunkt ihrer Beschädigung außer Betrieb, jedoch mit Gas gefüllt.

Bisher ist nicht bewiesen, wer hinter den Explosionen steckt. Die schwedische Staatsanwaltschaft hatte erst gestern neue Untersuchungen der Tatorte rund um die Gaslecks an den Pipelines Nord Stream 1 und 2 angekündigt. Russland hatte sich wiederholt darüber beschwert, dass es nicht in die internationale Untersuchung zu den mutmaßlich durch Sabotageakte verursachten Lecks einbezogen worden sei.

Karte von Bornholm mit den Pipelines Nord Stream 1 und 2

Großbritannien bestreitet Vorwürfe

Die Regierung in London wies die nun von Russland erhobenen Vorwürfe gegen die britische Marine in scharfer Form zurück. "Um von ihrem katastrophalen Umgang mit der illegalen Invasion in der Ukraine abzulenken, greift das russische Verteidigungsministerium auf die Verbreitung falscher Behauptungen epischen Ausmaßes zurück", erklärte das britische Verteidigungsministerium in London auf Twitter. "Diese erfundene Geschichte sagt mehr über Streitigkeiten innerhalb der russischen Regierung aus als über den Westen."

Ähnlich äußerte sich der frühere Royal-Navy-Admiral Chris Parry zu den russischen Vorwürfen. "Das ist eine glatte Lüge, und wir wissen alle, dass es die Russen waren", sagte er dem Sender Sky News. "Die russische Propaganda beschuldigt alle anderen immer dessen, was sie tatsächlich selbst getan haben." Die britische Marine besitze gar nicht die Fähigkeit, die Gasleitungen zu sprengen.

Angriff auf Schwarzmeerflotte

Die russische Regierung beschuldigte Großbritannien zudem, auch in die Drohnenangriffe am Samstagmorgen auf der Krim beteiligt gewesen zu sein. "Heute Morgen um 4.20 Uhr ist vom Kiewer Regime ein Terroranschlag auf die Schiffe der Schwarzmeerflotte verübt worden", erklärte das russische Verteidigungsministerium. Von den insgesamt 16 Drohnen seien die meisten über Sewastopol abgefangen worden. Das Minenräumschiff "Iwan Golubez" und auch Anlagen in einer Bucht seien leicht beschädigt worden.

Der "Terrorakt" sei von britischen "Spezialisten" ausgeführt worden, die in Otschakiw in der ukrainischen Region Mykolajiw stationiert seien, hieß es weiter. Diese britischen Einheiten seien auch für die Ausbildung ukrainischer Spezialkräfte für Marine-Operationen verantwortlich. Die nun in Sewastopol ins Visier genommenen Schiffe seien zum Schutz der Konvois zum Export ukrainischen Getreides im Einsatz gewesen, erklärte das Verteidigungsministerium zudem. Sewastopol ist der Heimathafen der russischen Schwarzmeerflotte. 

Moskau wolle "die Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft insbesondere über den UN-Sicherheitsrat" auf die "Reihe von Terrorangriffen gegen Russland im Schwarzen Meer und in der Ostsee" richten und hierbei auch die "Verwicklung Großbritanniens" thematisieren, erklärte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, auf Telegram.

Ein Berater des ukrainischen Innenministeriums, Anton Heraschtschenko, teilte hingegen bei Telegram mit, durch "fahrlässigen Umgang mit Sprengstoff" habe es an Bord von vier Kriegsschiffen der Flotte Explosionen gegeben. Die Angaben zu den Ereignissen in Sewastopol lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 29. Oktober 2022 um 16:00 Uhr in den Nachrichten.